Moin. Moin.

So. Hab ich nun auch son Blog-Viech. Ist eben doch bequemer um die Erlebnisse hier zu teilen. - Aber keine Entschuldigung mir keine Mails mehr zu schreiben! ;)
Trotzdem viel Spaß, gute Unterhaltung und Inspiration wünscht, Timu-San.

Sonntag, 13. April 2008

Hadaka ni Naritai und die japanische Konzertkultur


Konnichi wa aus dem Übermorgenland.
Um meinen ausstehenden Wochenblog von letzter Woche Rechnung zu tragen, habe ich mir heute mein Erlebnis mit der japanischen Konzertkultur zum Thema gesetzt.
Und zwar hatte ich das Vergnügen, am 03.04. die Alternative-Rock Band Angels and Airwaves rund um Tom DeLonge, den Ex-Frontman der großartigen, jedoch bereits tragisch geschiedenen Punkband Blink 182 zu sehen.
Erster Wehrmutstropfen war, dass das Konzert direkt nach der Jugendfreizeit in neo stattfand und ich neben der normalen Müdigkeit auch noch vor mich hin kränkelte..Zweiter war, dass ich allein zur Stätte der großen Musik, den Club Quattro in Nagoya, gestapft bin, weil keiner meiner Mitshorties es sich ebenfalls auf die Fahne geschrieben hatte, 6000 Yen (36€) für ne Karte auf den Tisch zu legen. Aber das war mir das Wert, einmal eine große Band in Japan zu sehen. Und das keiner mit war war auf der einen Seite schade, wenn ich mich über die Vorband oder über die leicht - äähm.."tuckigen" Bewegungen von DeLonge aufregen wollte, aber in den größten Momenten der Musik bin ich sowieso weg vom Fenster und schwimme irgendwo durch einen melodischen Ozean, um es versuchen mal sprachlich annähernd auszudrücken, hehe.
Nichtsdestotrotz hatte ich außerdem vorher bedenken, dass gemäß einiger Youtube Videos die Gefahr bestand, dass die DeLonge sich zwischen den Songs wieder gestatten würde, seine nicht ganz ausgegorende Philosophie an den Mann zu bringen, die er auf der Seite so beschreibt:
"Angels and Airwaves reflects an idea that the world is yours for the taking, and all that exists, exists inside you. It can be something as trivial as a personal struggle, or as grand as the inescapable idea of world peace."
Jaja, schmieren wir dem Publikum Honig um den Mund und lullen sie mit trivialer Philosophie ein, um die Welt zu verbessern. Gut dass Sie damit wenigstens genug Geld verdienen um es gemeinnützigen Zwecken zukommen zu lassen wie ein neuer Hummer oder ein weiterer Infinity-Pool. Doch nun genug der allgemeinden Weltkritik und zurück zum Konzert:
Sie haben nicht allzuviel zwischen den Liedern gelabert und das Publikum stattdessen mit einem satten Musikalischen Feuerwerk versorgt.
Zum lachen brachte der gute Tom die Menge mit dem Ausruf "hadaka ni naritai!" so ziemlich am Anfang, was ich nicht verstanden habe und aufgrund der Lautstärke (so ein Lautes Konzert habe ich noch nicht erlebt, aber weil in diesem Lauten Land wohl eh jeder zweite nen Hörschaden hat, muss das wohl so..) auch keinen verständlich Fragen konnte, konnte ich erst zuhause lachen, als ich die Bedeutung nachguckte: I wanna be naked. hehe. punk. Dieser Satz macht deutlich, das DeLongeeinfach nicht für große Texte gemacht ist, sondern für Blödelei-Punk à la Blink 182.
Gleich nach dem ersten Lied kam der obligatorische Spruch: "We are from California and we in America LOVE Japan!" - Was wohl etwas gelobhudelt war und "And we love your women!" - was wahrscheinlich der Wahrheit entspricht. Das Interessante war, dass er nach dem nächsten Lied nochmal genau dasselbe gesagt hat und die "Masse" (es waren ca. 200 Leute da, ausverkauft ist was Anderes...) wieder freudig applaudiert hat. Haben eben fast nix verstanden. Aber hey, der Bandleader hats gesagt, das reicht zum anhimmeln für die 50 Groupies in den ersten 4 Reihen...
Im großen und ganzen war das Publikum trotzdem das lahmste, was ich seit langem, oder gar überhaupt gesehen hat, da ist selbst das versnobteste Hamburger Publikum in seiner Astrabeduselten Trägheit noch ausschweifender Begeisterungsfähig. Zumindest was die Mitsinganteile angeht. Der Part musste 6 mal wiederholt werden, und der arme Kerl auf der Bühne war schon mit seinem Latein am Ende, bis es endlich halbwegs geklappt hat...
Was mich überrascht hat war, dass es 3 Versuche von Stagediving gab, ich sage Versuche weil das arme Mädchen, nachdem es sich einmal mühsam hochgekämpft hatte nach einem ungelenken Rückwärtssalto wieder runtergefallen ist, weil die Bübchen vorne einfach nicht Kräftig genug waren, 50 Kilo zu stemmen. Es war beinahe zum lachen, wenns nicht eigentlich traurig gewesen wäre... Ein weiterer Höhepunkt und etwas, was wohl wirklich nur in japanischen Konzertschuppen vorkommt waren einmal die sauberen Toiletten (da konnte man vom Boden essen..) sowie die Schlachten um die ins Publikum geworfenen Drumsticks. In der Heimat habe ich einst einen halbstündigen Kampf um ein T-Shirt beobachtet, der wohl am ende mit einem zweigeteilten T-Shirt geendet hat. Und als ich nun 4 junge Burschen an einem Drumstick kleben sah, dachte ich, oh, das kann was werden. und tatsächlich, ganze 4 minuten lang gab es einen erbitterten Kampf. Doch dann musste ich lachen, weil plötzlich alle vier anfingen, die angelegenheit mit "Jan Ken Poin" zu lösen, also dem Japanischen "Stein, Schere, Papier". Der Gewinner hat nach 3 Runden den Stick ohne murren von den anderen ausgehändigt bekommen und noch auf die Schulter bekommen. Einmalig. Obwohl eher zweimalig, weil kurze Zeit später ging das Gerangel um den nächsten Stick los, mit gleichem Ausgang. Das ist auch echt die beste Lösung, keiner Verliert sein Gesicht und für alle die gleichen Chancen. Ich hab in einem Gerangel mein Gesicht vielleicht verloren, weiß nicht so genau, hab jedenfalls einen Stick der Meute überlassen und durfte nachher aber trotzdem mit einem abgebrochenen Stick nach Hause laufen, weil mir ein schnuckliges Pärchen beim rausgehen den Stick in die Hand drückte. Nett :)
Zum Ende eines Konzertes in Japan: Nachdem die (übrigens extrem divenhafte) Band nach ca. 11 Songs ihr letztes Lied ankündigte und danach einfach von der Bühne verschwand, wurde noch ca. 30 sec höflich geklatscht und dann schickten sich schon die Lichter wieder anzugehen. Kein einziger Ruf nach einer Zugabe. Und da hats mir gereicht mit dem Lullipublikum und ich hab mit den letzten 3 Klatschern die Klatschlawine wieder in Gang gebracht und es gab noch eine letzte, dafür aber mehr als furiose Zugabe. Und dann ging sofort überall das Licht an, die Letzten schlürfen noch schnell ihren Gratisdrink an der Bar und binnen weniger Minuten war der ganze Club vom Sicherheitspersonal geräumt. Unglaublich, diese Hast. Als ich endlich den einzigen Ausländer und des Englischen mächtigen zu diesem Luschenpublikum und groben UNfug mit dem Rauswerfen befragte stellte sich heraus, dass er schon seit 4 Jahren hier lebt und es in Tokyo und Osaka genau so zugehe. Gut zu wissen. Er musste auch sofort los, es war bereits "späte" 21:52 und er musste noch seinen "letzten Zug" bekommen, da er etwas weiter weg wohnte.
So war das laute Vergnügen bereits um 10 Uhr zuende und man fand sich halb taub und ohrenfiepend auf der Straße wieder. Die so gut wie leer war. Das war etwas komisch nach Tokyo. Aber man gewöhnt sich dran und so konnte ich auf dem Weg nach hause noch bei ein paar Skatern in Sakae vorbeischauen und mich mit ein, zwei Ollies blamieren, die gegen deren perfekte Technik natürlich schlecht anstinken konnten, befor es müde, aber glücklich nach einem mehr als interessanten Abend, in den muckelig warmen Zug nach Hause ging.
Club Quattro, wir sehen uns wieder...

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